BPatG: Keine Bösgläubigkeit bei „Testa Rossa“-Markenanmeldung

BPatG: Keine Bösgläubigkeit bei „Testa Rossa“-Markenanmeldung (29 W (pat) 14/21; Beschluss vom 15. Januar 2025)

Leitsatz:

  • Eine bösgläubige Markenanmeldung liegt nicht schon dann vor, wenn ein Anmelder eine Marke in Kenntnis der Vorbenutzung oder der Bekanntheit einer älteren Marke anmeldet.

  • Allein die Vielzahl von Markenanmeldungen (sogenannte „clusterhafte Anmeldung“) für unterschiedliche Waren reicht ebenfalls nicht aus, um Bösgläubigkeit anzunehmen.

  • Zum Verhältnis zwischen bösgläubiger Markenanmeldung und dem Schutz bekannter Marken.

Hintergrund:
Ein Automobilhersteller (Ferrari) begehrte die Löschung der Marke „Testa Rossa“, die für eine Vielzahl von Waren in den Klassen 7, 8, 12, 18, 21 und 28 eingetragen war. Er machte geltend, dass der Markeninhaber die Marke bösgläubig angemeldet habe, um von der Bekanntheit des Ferrari-Sportwagens „Testarossa“ zu profitieren und das Unternehmen zu behindern.

Wesentliche Erwägungen des Gerichts:

  • Eine bösgläubige Anmeldung setzt voraus, dass der Anmelder die Marke ohne rechtfertigenden Grund anmeldet, um Dritte (hier: den Automobilhersteller) zu behindern oder deren Geschäft zu stören.

  • Die bloße Tatsache, dass der Anmelder von der Bekanntheit der Marke „Testarossa“ wusste oder wissen musste, reicht allein nicht aus, um Bösgläubigkeit zu begründen.

  • Auch eine Vielzahl von Markenanmeldungen („clusterhafte Anmeldung“) kann für sich genommen keine Bösgläubigkeit begründen.

  • Bösgläubigkeit kann nur dann bejaht werden, wenn besondere Umstände hinzutreten, z. B. die gezielte Blockade eines Ersatzteilmarktes oder ein rechtsmissbräuchliches Verhalten.

  • Das Bundespatentgericht konnte keine ausreichenden Indizien feststellen, dass der Anmelder vorhatte, den Automobilhersteller zu behindern oder dessen Rechte zu stören.

Ergebnis:
Das Gericht wies die Beschwerde der Löschungsantragstellerin (Ferrari) zurück. Die Marke „Testa Rossa“ bleibt eingetragen. Das Gericht ließ jedoch die Rechtsbeschwerde zu, sodass eine höchstrichterliche Klärung durch den BGH noch erfolgen kann.

Analyse: Verhältnis von Bösgläubigkeit und Schutz bekannter Marken:

1. Bösgläubigkeit
Eine Markenanmeldung ist bösgläubig, wenn der Anmelder bewusst fremde Rechte ausnutzen oder andere Marktteilnehmer behindern will. Das setzt eine unlautere Absicht voraus – bloße Kenntnis einer bekannten Marke reicht dafür noch nicht.

2. Schutz bekannter Marken
Bekannte Marken genießen grundsätzlich einen erweiterten Schutz. Dieser gilt auch für unähnliche Waren, schützt aber nicht automatisch vor jeder Anmeldung durch Dritte. Entscheidend bleibt, ob der Anmelder die Marke unlauter benutzen oder behindern will.

3. Bedeutung der Entscheidung
Das Bundespatentgericht sah hier keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit, da die Marke „Testa Rossa“ für andere Waren eingetragen wurde und kein gezielter Behinderungswille festgestellt wurde.

4. Rechtsbeschwerde
Da das BPatG die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, wird sich nun der BGH mit der Frage beschäftigen, wann eine Anmeldung bösgläubig ist und wie weit der Schutz bekannter Marken reicht.

 

Praktische Tipps für Markeninhaber:
✅ Dokumentieren Sie die Benutzung Ihrer Marke regelmäßig – dies stärkt den Nachweis Ihres schutzwürdigen Besitzstands.
✅ Prüfen Sie frühzeitig Anmeldungen Dritter auf mögliche Kollisionen und reagieren Sie mit Widerspruch oder Löschungsantrag, wenn nötig.
✅ Bei Verdacht auf bösgläubige Anmeldungen: Sichern Sie alle relevanten Beweise (z. B. Medienberichte, Unterlagen zu Verhandlungen) und holen Sie anwaltlichen Rat ein.
✅ Denken Sie an eine rechtzeitige Lizenzstrategie (z.B. mit Modelspielzeugherstellern), um Missverständnissen vorzubeugen und Dritten keine „Angriffsfläche“ zu bieten.

Haben Sie Fragen zum Markenrecht? Sprechen Sie uns an: PA Dr. Zeiner | Kontakt