Internationale Registrierung (IR) einer Marke: Ein Leitfaden
Internationale Registrierung (IR) einer Marke: Ihr Leitfaden zum internationalen Markenschutz
Das Madrider Protokoll bietet deutschen Unternehmen eine elegante Lösung für internationalen Markenschutz: Mit nur einer Anmeldung können Sie Schutz in bis zu 131 Ländern erhalten – und das in einer einzigen Sprache mit zentraler Verwaltung. Besonders wertvoll wird das System durch die Möglichkeit, jederzeit weitere Länder zu benennen, ohne neue Basisanmeldungen erstellen zu müssen.
Dieses komplexe internationale Markensystem erfordert fundiertes Verständnis seiner Mechanismen, von der notwendigen Basismarke über die kritische 5-jährige Abhängigkeitsperiode bis hin zu den länderspezifischen Besonderheiten. Wir erklären Ihnen gerne, wie Sie das IR-System optimal für Ihren Markenschutz nutzen können.
Das Madrider Protokoll verstehen
Das Madrider System ist ein von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltetes internationales Markenregistrierungssystem. Es basiert auf dem Madrid-Protokoll von 1989 und ermöglicht es, mit einer einzigen Anmeldung in einer Sprache Markenschutz in bis zu 131 Ländern zu beantragen.
Das Grundprinzip ist bestechend einfach: Anstatt in jedem Land einzeln eine Marke anzumelden, reichen Sie eine internationale Registrierung (IR) ein, die dann von der WIPO an alle benannten Länder weitergeleitet wird. Diese prüfen nach ihrem jeweiligen nationalen Recht und gewähren entweder Schutz oder weisen die Anmeldung zurück.
Die WIPO ist dabei die zentrale Koordinationsstelle, führt das Internationale Register und veröffentlicht alle Registrierungen in der WIPO Gazette of International Marks. Wichtig zu verstehen: Eine IR schafft kein „internationales Markenrecht“, sondern ein Bündel nationaler Rechte, die zentral verwaltet werden.
Seit der Modernisierung des deutschen Markenrechts durch das Markenrechtsmodernisierungsgesetz 2019 können auch neue Markenformen wie Klangmarken oder Multimediamarken über das IR-System geschützt werden. Diese Erweiterungen haben die praktische Relevanz des Systems für deutsche Unternehmen erhöht.
Die unverzichtbare Basismarke
Ohne deutsche Basismarke keine internationale Registrierung – dies ist die fundamentale Voraussetzung des IR-Systems. Sie benötigen entweder eine bereits beim DPMA angemeldete oder registrierte deutsche Marke als Ausgangsbasis für Ihre internationale Anmeldung. Unionsmarken (UM) können ebenfalls als Basismarke dienen, wobei die Anmeldung dann über das EUIPO erfolgt, nicht über das DPMA.
Die Anforderungen sind strikt: Vollständige Identität zwischen Basismarke und IR-Anmeldung ist zwingend erforderlich. Das bedeutet identischer Markeninhaber, identische Markendarstellung und identische Waren und Dienstleistungen (eine Einschränkung ist möglich, eine Erweiterung nicht). Schon kleinste Abweichungen führen zu kostspieligen Beanstandungsmitteilungen der WIPO.
Strategisch besonders wichtig: Die internationale Registrierung ist in den ersten fünf Jahren vollständig von der deutschen Basismarke abhängig. Wird diese erfolgreich angegriffen – etwa durch Widerspruch oder Löschungsverfahren – fällt die gesamte IR weg. Dieses „Central Attack“-Risiko macht eine solide, unanfechtbare Basismarke zur Grundvoraussetzung erfolgreicher IR-Strategien.
Strategische Flexibilität durch nachträgliche Länderbenennung
Der entscheidende Vorteil des Madrid-Systems: Sie müssen sich nicht sofort für alle Länder entscheiden. Mit „Subsequent Designations“ (nachträgliche Benennungen) können Sie Ihren Markenschutz flexibel an das Unternehmenswachstum anpassen.
Das Prinzip der nachträglichen Erweiterung
Starten Sie beispielsweise mit Deutschland, USA und EU – Ihren wichtigsten Märkten. Sobald Ihr Unternehmen expandiert, benennen Sie weitere Länder einfach über Ihr bestehendes IR-Portfolio. Jede nachträgliche Benennung hat das Prioritätsdatum der ursprünglichen Anmeldung der Basismarke, soweit sie binnen 6 Monaten seit Anmeldung der Basismarke erfolgt.
Diese Flexibilität ist bei nationalen Einzelanmeldungen unmöglich: Dort müssten Sie für jeden neuen Markt eine komplett neue Anmeldung mit späterem Prioritätsdatum einreichen.
Kostenvorteil bei Expansion
Die nachträgliche Benennung ist erheblich günstiger als neue Einzelanmeldungen: Sie zahlen nur die WIPO-Bearbeitungsgebühr (300 CHF) plus die Individualgebühren des jeweiligen Landes. Keine neuen Grundgebühren, keine nationalen Anmeldegebühren.
Länderspezifische Besonderheiten:
Deutschland: Vertrauter Ausgangspunkt
Als Ursprungsland bietet Deutschland die gewohnte DPMA-Praxis. Besonderheit: Die Basismarke kann bereits eine Anmeldung sein – eine Registrierung ist nicht zwingend erforderlich. Das DPMA prüft sehr genau die Identität zwischen Basis- und IR-Anmeldung, wodurch spätere Probleme minimiert werden.
USA: Section 66(a)-Verfahren
Die USA bieten für IR-Anmeldungen ein spezielles Verfahren – die Section 66(a). Vorteil: Kein „use in commerce“-Nachweis bei der Anmeldung erforderlich. Pflicht: Das MM18-Formblatt („Declaration of Intention to Use“) muss eingereicht werden.
Europäische Union: Zusätzliche Komplexität
Für EU-Benennungen ist die Angabe einer Zweitsprache (Englisch, Französisch oder Spanisch) zwingend erforderlich.
Korea: Expedited System
Korea bietet ein beschleunigtes Prüfungsverfahren (2-3 Monate statt 6+). Besonderheit: Sehr strikte „First-to-File“-Regelung und verstärkte Prüfung auf bösgläubige Anmeldungen seit 2024. Gebrauchsnachweise sind nicht erforderlich, aber bei 3+ Jahren Nichtgebrauch nach Registrierung droht Löschung.
Vor- und Nachteile des Madrid Systems
Die überzeugenden Vorteile
Administrative Effizienz ist der Hauptnutzen: Eine Anmeldung in einer Sprache für bis zu 131 Länder, zentrale Gebührenzahlung in CHF, einheitliche Verlängerung alle 10 Jahre und zentralisierte Verwaltung von Inhaberwechseln oder Adressänderungen.
Strategische Flexibilität durch nachträgliche Benennungen ist das Alleinstellungsmerkmal des Madrid-Systems: Erweitern Sie Ihren Markenschutz jederzeit um weitere Länder, ohne neue Basisanmeldungen zu benötigen. Nutzen Sie das ursprüngliche Prioritätsdatum für alle späteren Erweiterungen binnen 6 Monaten.
Kosteneffizienz bei Expansion: Je mehr Länder Sie benennen, desto deutlicher werden die Kostenvorteile. Während wenige Länder noch vergleichbare Kosten wie Einzelanmeldungen haben, sparen Sie bei größeren Portfolios erhebliche Beträge und Verwaltungsaufwand.
Die ernst zu nehmenden Nachteile
Das Central Attack-Risiko erfordert besondere Aufmerksamkeit: Ein erfolgreicher Angriff auf die deutsche Basismarke betrifft die gesamte internationale Registrierung in den ersten fünf Jahren. Durch solide Basismarken und professionelle Verteidigung ist dieses Risiko jedoch beherrschbar.
Starre Strukturen bei der Erstanmeldung: Nachträgliche Erweiterungen der Waren und Dienstleistungen sind nur über neue Anmeldungen möglich. Planen Sie daher Ihr Verzeichnis von Anfang an großzügig.
Praktische Tipps für erfolgreiche Anmeldungen
Vor der Anmeldung: Solides Fundament schaffen
Stärken Sie Ihre Basismarke durch beschleunigte Prüfung beim DPMA und umfassende Verteidigung gegen potenzielle Angriffe.
Nutzen Sie den Madrid Goods & Services Manager der WIPO zur Optimierung Ihres Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses. Präzise, international verständliche Begriffe verhindern Klassifikationsprobleme.
Bei der Anmeldung: Fehler vermeiden
Identität ist Trumpf: Stellen Sie sicher, dass IR-Anmeldung und Basismarke 100% identisch sind. 90% aller WIPO-Unregelmäßigkeiten entstehen durch Abweichungen. Vollständigkeit prüfen: Bei USA-Benennung MM18 nicht vergessen, bei EU-Benennung Zweitsprache angeben.
WIPO Fee Calculator nutzen für genaue Kostenschätzung und Vermeidung von Gebührenfehlern. Richten Sie ein WIPO-Konto ein für vereinfachte Zahlungsabwicklung.
Nach der Anmeldung: Kontinuierliches Monitoring
Überwachen Sie alle Länder systematisch: 18 Monate Prüfungszeit erfordern strukturiertes Fristenmanagement. Reagieren Sie sofort auf Widerspruchsmitteilungen und beauftragen Sie lokale Spezialanwälte nur bei tatsächlichen Problemen.
Basismarken-Überwachung ist existenziell: Fünf Jahre lang kann ein Angriff auf die deutsche Marke Ihr gesamtes internationales Portfolio betreffen. Entwickeln Sie Notfallpläne für Transformation-Szenarien.
Strategische Empfehlungen
Madrid ist sinnvoll bei geplanter internationaler Expansion, besonders wenn Sie schrittweise in neue Märkte eintreten möchten. Die Flexibilität nachträglicher Benennungen ist bei nationalen Einzelanmeldungen unmöglich zu erreichen.
Stufenweise Expansion ist der Königsweg: Beginnen Sie mit Ihren wichtigsten Märkten und nutzen Sie „Subsequent Designations“ für spätere Erweiterungen. So kombinieren Sie anfängliche Kostenkontrolle mit langfristiger Flexibilität.
Besonders vorteilhaft bei standardisierten Produkten: Wenn Ihre Marke und Waren-/Dienstleistungsverzeichnis in vielen Ländern identisch verwendet werden können, spielt das Madrid-System seine Stärken voll aus.
Das Madrid-System ist ein strategisches Werkzeug für den internationalen Markenschutz, das bei professioneller Anwendung erhebliche Vorteile bietet. Die Möglichkeit, mit einer Basisanmeldung flexibel auf Unternehmenswachstum zu reagieren und kostengünstig neue Märkte zu erschließen, macht es besonders für expansionsorientierte Unternehmen wertvoll.
Die goldene Regel: Behandeln Sie Madrid-Anmeldungen als langfristige Investition in internationale Flexibilität. Bei strategisch durchdachter Anwendung, solider Basismarke und kontinuierlicher Überwachung ermöglicht das System eine effiziente, kostengünstige Expansion in globale Märkte. Eine fundierte Beratung durch Madrid-erfahrene Patentanwälte optimiert dabei Ihre Erfolgsaussichten erheblich.
Haben Sie Fragen zum Madrid System? Gerne unterstützen wir Sie: PA Dr. Zeiner | Kontakt