EPA-Jahresbericht 2018- Neuer Höchststand bei Europäischen Patentanmeldungen

Im vergangenen Jahr sind beim Europäischen Patentamt (EPA) 4,6% mehr Patentanmeldungen eingereicht worden als 2017. Dies entspricht einem neuen Höchststand von 174.317 Anmeldungen (2017: 166.594). Der EPA-Jahresbericht 2018 verzeichnet aus allen großen Industrieregionen mehr Patentanmeldungen. Europäische Unternehmen bleiben dabei in ihrer Heimatregion an der Spitze: Aus den 38 EPO-Mitgliedsstaaten stammten erneut 47% aller Patentanmeldungen beim EPA. Auch asiatische Unternehmen zeigten sich anmeldefleißig, wenngleich sich das Anmeldeaufkommen aus China, Japan und der Republik Korea nur moderat auf 22,6% (2017: 22,1%) erhöht hat. Die USA bleiben mit 25% der Gesamtanmeldungen das anmeldeaktivste Land, gefolgt von Deutschland, Japan, Frankreich und China. Im Jahr 2018 konnten 127.625 europäische Patente erteilt werden (+21%). Quelle

Die größten Zuwächse wurden in 2018 im Bereich der Medizintechnik (+5,0), des Transportwesens (+5,9%) sowie der Computertechnologie (+3,3%) erreicht. Die meisten Anmeldung hat der deutsche Konzern Siemens eingereicht - insgesamt 2.493 Patentanmeldungen.

Erstaunlich ist, dass die Anmeldezahlen aus China um 8,8% gewachsen sind, dies jedoch die niedrigste Zuwachsrate seit Jahren ist.

Ein Gesamtüberblick ist hier verfügbar: Link

 

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Jahresstatistik des DPMA 2018

Pressemitteilung des DPMA vom 28.02.2019:

Deutsche Schutzrechte sind international immer gefragter. Im vergangenen Jahr gingen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) 21.286 Patentanmeldungen aus dem Ausland ein – ein deutliches Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der ausländischen Markenanmeldungen stieg auf 4.863 und damit um knapp sechs Prozent. Damit setzte sich 2018 ein klarer Trend fort. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 35 Prozent mehr ausländische Patentanmeldungen und 55 Prozent mehr ausländische Markenanmeldungen als noch vor sechs Jahren. Die meisten Patentanmeldungen aus dem Ausland kamen 2018 aus Japan (8.013), den Vereinigten Staaten (6.669) und der Republik Korea (1.313). Bei den ausländischen Markenanmeldungen lag China mit 1.565 an der Spitze, mit erheblichem Abstand gefolgt von den Vereinigten Staaten (528) und Großbritannien (450).

Die Nachfrage deutscher Anmelder ging leicht zurück. Inländer meldeten 2,5 Prozent weniger Patente und 2,6 Prozent weniger Marken beim DPMA an. Alles in allem lagen die Anmeldezahlen bei Patenten und Marken auf dem außergewöhnlich hohen Niveau der beiden Vorjahre: Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 67.895 Patentanmeldungen beim DPMA ein – ein leichtes Plus von 0,3 Prozent im Vergleich zu 2017. Die Zahl der Markenanmeldungen lag bei 75.358 (- 1,8 Prozent). „Die stabilen Zahlen auf diesem hohen Niveau zeigen, wie wichtig der deutsche Markt auch für innovationsstarke Unternehmen aus dem Ausland ist. Zudem belegt die anhaltend hohe Nachfrage das große Vertrauen in die Qualität unserer Schutzrechte“, sagte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer. „Es freut mich besonders, dass wir auch unsere Produktivität im Patentbereich 2018 deutlich steigern konnten. Gleichzeitig ist uns die dauerhaft hohe Qualität deutscher Schutzrechte ein zentrales strategisches Anliegen.“

Insgesamt schlossen die Prüferinnen und Prüfer 38.087 Prüfungsverfahren ab, 3,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der erteilten Patente stieg um 4,6 Prozent auf 16.368. Die Erteilungsquote lag nur geringfügig über dem Niveau des Vorjahres bei 43 Prozent. Zum Jahresende 2018 waren insgesamt 129.461 Patente in Kraft. Im Markenbereich lag die Zahl der abgeschlossenen Eintragungsverfahren bei 71.507 und damit ebenfalls leicht im Plus (+ 0,6 Prozent). Allerdings wurden mit 50.565 etwas weniger Marken als im Vorjahr eingetragen (- 0,8 Prozent). Die Eintragungsquote lag bei 70,7 Prozent. Der Markenbestand im Register wuchs zum Jahresende auf 815.589. (Quelle)

 

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BGH I ZB 105/16 - Vorbringen neuer Markenlöschungsgründe

Im amtlichen Markenlöschungsverfahren sowie einem zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht gilt der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz, der wesentlicher Verfahrensaspekt von amtlichen Marken- und auch Patentverfahren ist. Demnach "verschafft sich das Gericht unter Benutzung aller ihm zur Verfügung stehender Möglichkeiten selbst oder unter Inanspruchnahme verwaltungsbehördlicher Amtshilfe oder Rechtshilfe von allen für die Entscheidung wesentlichen Umstände Kenntnis" (BGH X ZB 11/92, Aluminium-Trihydroxid). Dadurch ist es im Gegensatz zu einem gerichtlichen Verfahren möglich, in jeder Instanz zu (fast) jeder Zeit neue Löschungsgründe vorzubringen. Eine solche, sogenannte Klageänderung im Sinne von §263 ZPO ist ohne Zustimmung des Antragsgegners zulässig: Von Amts wegen wird Sachdienlichkeit üblicherweise angenommen.

Dieser Verfahrensgrundsatz wurde vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung I ZB 105/16 erneut bestätigt.

Dazu wurden nachfolgende Leitsätze erlassen:

a) Der Löschungsantragsteller kann sein Löschungsbegehren im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt in entsprechender Anwendung von § 263 ZPO auf andere Schutzhindernisse erweitern. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht kann ein zulässiges Rechtsmittel unter den Voraussetzungen des § 263 ZPO mit einer Erweiterung des Löschungsantrags verbunden werden.

b) Die in der Marke gezeigten wesentlichen Merkmale der Form der Ware oder der ihr gleichgestellten Form der Verpackung sind im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG durch die Art der Ware selbst bedingt, wenn sie wesentliche Gebrauchseigenschaften aufweisen, die den gattungstypischen Funktionen der Ware innewohnen, nach denen der Verbraucher auch bei den Waren der Mitbewerber suchen könnte. Es ist nicht erforderlich, dass die in Rede stehende Form für die Funktion der betreffenden Ware unentbehrlich ist und dem Hersteller keinen Freiraum für einen wesentlichen persönlichen Beitrag lässt.

c) Ebenso wie bei dem Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind für das in § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geregelte Schutzhindernis ausschließlich Gebrauchseigenschaften von Bedeutung, die für den Verbraucher wesentlich sind. Wesentliche Erleichterungen bei der Verpackung, der Lagerung und dem Transport durch die in Rede stehende Form sind Vorteile bei der Herstellung und dem Vertrieb der Ware, sie kommen jedoch nicht dem Benutzer zugute.

d) Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG greift nur ein, wenn die in der Form verkörperten Eigenschaften (hier: quadratische Form von Tafelschokolade) für den Gebrauch der jeweiligen Ware typisch sind und dem bestimmungsgemäßen Einsatz der Ware dienen (hier: Verzehr von Tafelschokolade). Vorteile, die nur in für die Verwendung unüblichen Konstellationen eintreten (hier: Mitführen von Tafelschokolade in einer Jackentasche zum Verzehr unterwegs), stellen keine wesentlichen Gebrauchseigenschaften dar und führen nicht dazu, dass das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingreift.

 

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EPO-Mitgliedstaaten erörtern die Patentierbarkeit von Pflanzen

In der Sitzung des Ausschusses "Patentrecht", in der die Europäische Kommission als Beobachterin vertreten war, führten das Amt und die Vertreter der 38 EPO-Mitgliedstaaten einen ersten Meinungsaustausch über die möglichen nächsten Schritte nach der kürzlich von einer Beschwerdekammer des EPA erlassenen Entscheidung T 1063/18 zur Patentierbarkeit von Pflanzen. Der Ausschuss ging auf verschiedene Optionen für das weitere Vorgehen ein und sprach sich insbesondere dafür aus, von der Großen Beschwerdekammer eine Stellungnahme in dieser Sache einzuholen. Stark hervorgehoben wurde in der Debatte die notwendige Rechtssicherheit im Interesse der Nutzer des europäischen Patentsystems und der Öffentlichkeit im Allgemeinen. Die Gespräche mit den Mitgliedstaaten werden mit der Absicht fortgesetzt, kurzfristig zu einer Lösung zu gelangen. Quelle


BGH I ZR 226/14 - Ist eine Felge ein Reparaturteil?

Nach Art. 110 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) besteht für Erzeugnisse, die Bauelement eines komplexen Erzeugnisses und zu dessen Reparatur vorgesehen sind, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Eine Reparatur ist dabei eine Wiederherstellung des ursprüngliches Erscheinungsbildes des komplexen Erzeugnisses.

Beispielsweise sind Kotflügel für Kraftfahrzeuge vom Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz ausgeschlossen: Der Kotflügel ist ein Bauteil des komplexen Erzeugnisses Kraftfahrzeug, der bei einer Reparatur zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes des Fahrzeugs getauscht wird. Aufgrund der Regelung des Art. 110 GGV können Drittanbieter solche Ersatzteile für Kraftfahrzeuge anbieten. Der Automobilhersteller hat kein Designmonopol auf diese Reparaturteile. Was bei einem Kotflügel sehr eindeutig ist, ist nicht für alle Bauteile klar. Im Einzelfall muss entschieden werden, wann ein Bauteil überhaupt ein Reparaturteil im Sinne der GGV ist.

In seiner Entscheidung "Kraftfahrzeugfelgen II" hat sich der I. Senat des Bundesgerichtshofes (Az. I ZR 226/14) mit der Frage befasst, ob Kraftfahrzeugfelgen, die einzeln oder zu mehreren als Ersatzteile für ein bestimmtes Fahrzeug angeboten werden, eine Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters sein können oder ob der Schutzausschluss nach Art. 110 GGV gilt.

Leitsätze:

a) Die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV ist grundsätzlich auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwendbar, die farblich und in der Größe den Originalfelgen entsprechen, wenn die Verwendung der Felgen notwendig ist, um ein Kraftfahrzeug zu reparieren, das etwa aufgrund des Abhandenkommens der Originalfelgen oder deren Beschädigung schadhaft geworden ist.

b) Der Anbieter solcher Kraftfahrzeugfelgen kann sich auf die Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV nur dann mit Erfolg berufen, wenn er Sorgfaltspflichten erfüllt, die sich auf die Einhaltung der in Art. 110 Abs. 1 GGV geregelten Voraussetzungen durch die nachgelagerten Benutzer beziehen.

c) Danach obliegt es dem Hersteller und dem Anbieter, den nachgelagerten Benutzer mit einem klaren,
gut sichtbaren Hinweis auf dem Erzeugnis, auf dessen Verpackung, in den Katalogen oder in den Verkaufsunterlagen darüber zu informieren,

- dass in die betreffende Felge ein Geschmacksmuster aufgenommen ist, dessen Inhaber er nicht
ist, und

- dass diese Felge ausschließlich dazu bestimmt ist, mit dem Ziel verwendet zu werden, die Reparatur des Kraftfahrzeugs zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.

Der Hinweis muss in den Sprachen gegeben werden, die in den Ländern allgemein verständlich sind,
an deren Einwohner sich das Angebot bestimmungsgemäß richtet.

d) Der Hersteller und der Anbieter haben zudem mit geeigneten Mitteln, insbesondere vertraglicher Art, dafür zu sorgen, dass die nachgelagerten Benutzer die Felgen ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwenden.

e) Weiß der Hersteller oder der Anbieter, dass der nachgelagerte Benutzer die Felgen nicht ausschließlich mit dem Ziel der Reparatur des Kraftfahrzeugs verwendet, oder müssen Hersteller oder Anbieter dies bei Würdigung aller maßgeblichen Umstände vernünftigerweise annehmen, muss ein Verkauf unterbleiben.

Mit diesen Leitsätzen wurden vom I. Senat klare Bedingungen vorgegeben, die erfüllt sein müssen, damit Erzeugnisse wie Felgen als Reparaturteile angesehen werden und somit unter den Schutzausschluss des Art. 110 GGV fallen.

 

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EP 0 000 001: veröffentlicht am 20. Dezember 1978

EP 0 000 001: veröffentlicht am 20. Dezember 1978

Heute vor 40 Jahren, am 20. Dezember 1978, wurde die erste Europäische Patentanmeldung zusammen mit 112 weiteren Anmeldungen veröffentlicht. Mit Spannung wurde erwartet, welche Anmeldung die erste Veröffentlichungsnummer erhält: Es wurde die Erfindung "Thermische Wärmepumpe" von EURATOM.

Das Europäische Patentsystem wurde seitdem von Anmeldern sehr gut angenommen: Im Jahr 2017 wurden 165.590 Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht (Quelle).

Der Vorteil des Europäischen Patentsystems, zu dem insgesamt 44 Staaten zählen (Stand: 20.12.2018), ist die Vereinheitlichung des Patentprüfungsverfahrens. Statt in jedem einzelnen Staat ein vollständiges, aufwändiges und teures Prüfungsverfahren zu durchlaufen, findet beim EPA eine einheitliche Prüfung statt. Vorteilhaft kann mit einem einzigen Verfahren kostengünstig ein Patent für 44 Staaten erlangt werden.

Das Europäische Patent ist ein sogenanntes Bündelpatent: Der Anmelder kann gezielt diejenigen Länder auswählen, in denen Schutz erforderlich ist. Nur dort entfaltet das Europäische Patent seine Wirkung, die durch Zahlung von nationalen jährlichen Aufrechterhaltungsgebühren maximal 20 Jahre bestehen kann. Einzelne Länder des Bündels können jederzeit aufgegeben werden, beispielsweise, wenn keine Aufrechterhaltungsgebühren mehr bezahlt werden.

 

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Quadratische Schokoladentafelverpackung - Leitsatzentscheidung 25 W (pat) 78/14

In seiner am 9. Mai 2019 veröffentlichten Entscheidung 25 W (pat) 78/14 - Quadratische Schokoladentafelverpackung - hat der 25. Senat des Bundespatentgerichts folgende Leitsätze erlassen:

      1. Das gem. § 54 Abs. 2 MarkenG (in der bis 13. Januar 2019 gültigen Fassung) vorgesehene obligatorische Vorverfahren schließt als Besonderheit des markenrechtlichen Verfahrens im laufenden Löschungs(beschwerde)verfahren eine Antragsänderung oder -erweiterung durch Auswechseln des Streitgegenstandes oder Einführung eines weiteren Streitgegenstandes gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 263 ZPO grundsätzlich aus (a. A. die im vorliegenden Verfahren vorausgegangene Rechtsbeschwerdeentscheidung vom 18. Oktober 2017 I ZB 105/16 = GRUR 2018, 404, Rn. 23 ff.).
      2. Das vom BGH in den vorstehenden Verfahren zum Ausdruck gebrachte Streitgegenstandsverständnis steht im Widerspruch zur allgemein anerkannten Definition des zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriffs. Die streitgegenstandsmäßige Beschränkung eines Löschungsantrags auf die dort konkret benannte Norm stellt im Ergebnis einen normmäßig beschränkten Subsumptionsauftrag dar, was mit dem fundamentalen Rechtssatz „iura novit curia“ nicht in Einklang zu bringen ist.
      3. Der von der Dogmatik der ZPO losgelöste Streitgegenstandsbegriff des BGH berücksichtigt zudem nicht den Sinn und Zweck des Löschungsverfahrens als im Allgemeininteresse stehendes Korrekturverfahren in Bezug auf fehlerhafte Markeneintragungen- 2 - und hätte darüber mehrere unerwünschte Konsequenzen. Es könnten z. B. gestützt auf verschiedene Schutzhindernisse parallel oder nacheinander von demselben Antragsteller mehrere Löschungsverfahren betrieben werden, weil weder Rechtshängigkeit noch Rechtskraft entgegengehalten werden könnte, was auch früheren BGH-Entscheidungen widerspricht (siehe Leitsatz 5 a. E.). Sofern der BGH-Streitgegenstandsbegriff konsequent umgesetzt werden würde, würde dies auch in den Anmelderbeschwerdeverfahren zu erheblichen Verwerfungen führen.
      4. Unabhängig von der Streitgegenstandsproblematik kann die Frage aufgeworfen werden, in welcher Form und mit welchen Konsequenzen der Löschungsantragsteller das für den Löschungsantrag gem. § 42 i. V. m. § 41 Abs. 2 Nr. 5 MarkenV (in der bis 13. Januar 2019 gültigen Fassung) maßgebliche Erfordernis der Benennung eines Lö-
        schungsgrundes zu erfüllen hat. Die zur Entscheidung berufenen Stellen könnten sich nach Auffassung des Senats auf
        die Prüfung des im Löschungsantrag genannten Schutzhindernisses beschränken, sollten aber in jedem Fall berechtigt sein, mit dem genannten Schutzhindernis „eng verwandte“ Schutzhindernisse in die Prüfung einzubeziehen. Dies betrifft nach Auffassung des Senats insbesondere die Gruppe der Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 MarkenG und nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 MarkenG. Unter dem Gesichtspunkt des „Antragsverbrauchs“ spricht viel dafür, einem Löschungsantragsteller grundsätzlich nur ein einziges Verfahren zur Verfügung zu stellen. Dies verwirklicht auch am besten den vom BGH in früheren Verfahren bereits zum Ausdruck gebrachten Willen über die entsprechende Anwendung der §§ 322, 325 ZPO zwischen identischen Beteiligten beliebige Wiederholungen über „denselben“ Streitstoff (= dieselbe Marke) auszuschließen (vgl.BGH Beschluss v. 16. Juni 1993, I ZB 14/91, GRUR 1993, 969 ff. – Indorektal II; Beschluss v. 16. Juli 2009, I ZB 53/07 = GRUR 2010, 231 Rn. 18 – Legostein).
      5. Der Senat sieht sich gleichwohl nicht gehindert über das erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens geltend gemachte Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG statt des ursprünglich im Löschungsantrag geltend gemachten nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu entscheiden. Der Senat hält daran fest, dass der Streitgegenstand im Löschungsverfahren durch den Löschungsantrag und die Benennung der angegriffenen Registermarke (= Lebenssachverhalt) hinreichend eindeutig definiert ist und deshalb jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstands grundsätzlich die Überprüfung einer Markeneintragung unter allen in § 50 Abs. 1 MarkenG aufgeführten rechtlichen Aspekten (ausgenommen bösgläubige Markenanmeldung) eröffnet ist (vgl. die Ausgangssenatsentscheidung vom 4. November 2016 = GRUR 2017, 275 – Quadratische Schokoladenverpackung; erneute Abgrenzung zu BGH I ZB 87/14 = GRUR 2016, 500 Rn. 9 f. – Fünf-Streifen-Schuh und auch zu den vier BGH-Beschlüssen vom 18. Oktober 2017, I ZB 105/16, I ZB 106/16, I ZB 3/17 und I ZB 4/17 = u. a. GRUR 2018, 404 Rn. 11 ff. – Quadratische Tafelschokoladenverpackung und GRUR 2018, 411 Rn. 56 ff. – Traubenzuckertäfelchen).
      6. Die Markenfähigkeit (§ 3 Abs. 1 MarkenG) und die hinreichende Bestimmtheit des angegriffenen Zeichens (letzteres als Bestandteil des ordre public) sind im Löschungsverfahren zumindest inzident stets von Amts wegen mit zu prüfen.

 

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BPatG legt dem EuGH weitere Schutzzertifikatsfrage vor - C-527/17

Die Laufzeit eines Patents ist auf maximal 20 Jahre beschränkt. Firmen, die zulassungspflichtige Medikamente entwickeln und vertreiben möchten, sind aufgrund der aufwendigen Zulassungsverfahren über einen langen Zeitraum an der wirtschaftlichen Verwertung des Patents gehindert. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für medizinische Wirkstoffe eine Sonderregelung geschaffen: Der Schutz kann durch ein sogenanntes ergänzendes Schutzzertifikat um 5 Jahre verlängert werden. Dadurch wird die Schutzdauer für den geschützten Wirkstoff auf insgesamt maximal 25 Jahre verlängert.

Bisher war ungeklärt, ob für eine medizinische Vorrichtung wie einen Stent, die mit einem medizinischen Wirkstoff versehen ist, eine solche Schutzverlängerung durch ein ergänzendes Schutzzertifikat in Frage kommen kann.

Dies wurde vom EuGH verneint: Die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für einen medizinischen Wirkstoff kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn dieser ein Genehmigungsverfahren als Arzneimittel durchlaufen hat. Ein CE-Zertifizierungsverfahren ist kein solches Genehmigungsverfahren, da der Wirkstoff nicht für eine Verwendung als Arzneimittel bewertet wird. (Quelle)

 

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BGH I ZR 221/16 (beauty for less) zur Erschöpfung im Markenrecht

 

In der Entscheidung I ZR 221/16 (beauty for less) hat sich der I. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit der Erschöpfung des Rechts an einer Marke und der Frage befasst, wann der Ruf einer Marke beeinträchtigt ist.

Erschöpfung bedeutet, dass ein Markeninhaber eine Weiterverbreitung von Waren, die mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht wurden, nicht verbieten kann. Sein Markenrecht ist also "erschöpft".

 

Leitsätze:

a) Verwendet ein Wiederverkäufer eine Mehrzahl von Marken auf dem Versandkarton, in dem sich Produkte befinden, die nicht mit einer dieser Marken gekennzeichnet sind, so liegt der für die Erschöpfung des Rechts an diesen Marken erforderliche konkrete Produktbezug vor, wenn der Verkehr angesichts des Versandkartons annimmt, der Wiederverkäufer vertreibe Produkte aller dort genannten Marken, sofern dies tatsächlich der Fall ist.

b) Für das einer Erschöpfung des Markenrechts entgegenstehende berechtigte Interesse des Markeninhabers, sich der Werbung eines Wiederverkäufers zu widersetzen, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Form dieser Werbung in der Branche des Wiederverkäufers unüblich ist. Zu prüfen ist vielmehr, ob die konkrete Werbung die Herkunfts- oder Garantiefunktion der Marke berührt, ihre Unterscheidungskraft ausnutzt oder ihren Ruf beeinträchtigt.

 

AAA-Patent Praxistipp:
Ein Versandkarton darf mit mehreren verschiedenen Markenzeichen versehen sein, selbst wenn eine Versandware mit keiner dieser Marken gekennzeichnet ist. Allerdings muss der Verkäufer Produkte der auf dem Versandkarton abgebildeten Marken tatsächlich vertreiben.

 

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BGH I ZR 136/17 - Tork - Markenverletzung bei Lieferung einer Nachfüllware

 

In seiner Entscheidung "Tork" hat sich der I. Senat des Bundesgerichtshofes (Az. I ZR 136/17) unter anderem mit der Frage befasst, ob ein Lieferant eine Markenverletzung begeht, wenn Waren zum Nachfüllen eines mit einer Marke ("Tork") versehenen Vorratsbehälters als "passend auch für Tork-Spender" angeboten werden. Eine Markenverletzung wurde bejaht, da der Verkehr nach Auffassung des BGH die Marke im vorgelegten Fall nicht nur als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Behälters, sondern auch auf die betriebliche Herkunft des Inhalts versteht. Zwar wurde festgestellt, dass der Lieferant selbst nicht die Merkmale einer Markenverletzung erfüllt, jedoch objektiv Beihilfe zum markenverletzenden Verhalten seiner Kunden leistet und Gehilfenvorsatz daher zu bejahen ist.

Gleichzeitig wurde in dem Urteil klargestellt, dass die herkunftshinweisende Marke auf dem Behälter für den Inhalt entkräftet werden kann, wenn die Nachfüllware selbst mit einer bei Benutzung des Behälters erkennbaren Marke versehen ist. In der Praxis empfiehlt sich daher, Waren mit einer eigenen, eingetragenen Marke deutlich erkennbar zu kennzeichnen.

 

Leitsätze:

a) Grundsätzlich liegt eine Markenverletzung vor, wenn ein mit der Marke des Originalherstellers gekennzeichnetes wiederbefüllbares Behältnis mit Waren eines anderen Herstellers nachgefüllt wird und der Verkehr die Marke auf dem Behältnis als Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft des Behältnisses, sondern auch auf die betriebliche Herkunft des Inhalts versteht.

b) Für die Frage, ob der Verkehr eine solche Verbindung im Einzelfall tatsächlich herstellt, kann maßgeblich sein, ob die Nachfüllware selbst ein für den Verkehr bei der Benutzung der Ware erkennbares Kennzeichen trägt, Verbraucher den Vorgang der Befüllung selbst vornehmen und der Verkehr es gewohnt ist, dass das Behältnis mit Ware anderer Hersteller bestückt wird. Auch die Relevanz von Marken im streitgegenständlichen Produktbereich kann sich auf die Verkehrsauffassung auswirken.

 

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